Lehrausgang Wien

Lehrausgang Wien

Am 5. Juni 2023 machte sich die Wahlpflichtfachgruppe Geschichte auf, um das “Rote Wien” zu entdecken.

Nach dem Zerfall der Habsburgermonarchie und den ersten freien Gemeinderatswahlen im Mai 1919 bekam Wien eine sozialdemokratische geführte Verwaltung, die in der Zeit von 1919 bis zur Zerschlagung der Demokratie im Februar 1934 ein international beachtetes Aufbauwerk schaffte.

Das “Neue Wien” ist war einzigartiges gesellschaftspolitisches Experiment , das sämtliche Lebensbereiche des Menschen erfasste und reformierte – von der Sozial- und Gesundheitspolitik über das Bildungswesen bis zum Wohnbau.

Der Karl-Marx-Hof (Heiligenstädter Straße 82-92) zählt sicherlich in diesem Zusammenhang zu einem der beeindruckendsten und monumentalsten Wahrzeichen des Roten Wien: Die Anlage ist ca. 1,1 km lang, die Fläche des Areals beträgt 156.027 Quadratmeter und zum Zeitpunkt der Eröffnung im Oktober 1930 gab es hier 1382 Wohnung für etwa 5000 Menschen.

Die langgestreckte Form ist eine Folge der Grundstücksform, das damals zwischen Heiligenstädter Straße und der Franz-Josefs-Bahn noch unverbaut war.

Der Karl-Marx-Hof ist eine „Stadt in der Stadt“. Es gab Bäder, eine Bücherei, eine Zahnklinik, eine Jugendherberge, ein Postamt, Wäschereien, Kindergärten, Gastwirtschaften, Läden und Beratungsstellen. Der Zusammenhalt der Bewohner sollte durch ein vielfältiges Vereinswesean, das sämtliche Bereiche des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens umfasste, gefördert werden. So gab es Arbeiter-Radvereine, die Naturfreunde, Arbeitergesangsvereine, Arbeitersamariterbund, Kinderfreunde, das rote Kasperltheater uvm.

Der K-M-Hof ist auch ein Symbol des Widerstandes der Sozialdemokraten gegen den autoritären Ständestaat. Im Bürgerkrieg des Februars 1934 wurde er von Einheiten des Bundesheeres, der Heimwehr und der Polizei mit schwerer Artillerie beschossen und eingenommen. Die Anlage wurde 1935 in „Heiligenstädter Hof“ umbenannt und behielt diesen Namen bis 1945. Der Ehrenhof heißt seit 1985 in Erinnerung an die Kämpfe „12.-Februar-Platz“.

Mag. Monika Lercher